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Lebensübergänge: Gedankenkotze über Geburt und Sterben

27. März 2018 3 Kommentare Geschrieben von Wiebke

Wie wollen wir sterben? Wo wollen wir sterben? Und vor allem: Wann werden wir sterben? Der Tod mit allem, was ihn umgibt, lässt sich kaum planen, wenn man ihn nicht selbst in die Hand nimmt. Würdest du unsterblich sein wollen?

Geburt und Sterben – Die Lebensübergänge

Jetzt in der Zeit meiner Schwangerschaft fällt mir oft auf, wie viele Parallelen der Anfang und das Ende eines Lebens haben. Beides ist zunächst einmal stark von Ängsten besetzt. Vor einer Geburt werden zig Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen – Routine für die Frauenärzte und -ärztinnen mit ihrem Praxispersonal – aber oftmals eine große Verunsicherung für die werdende Mutter: Ist das alles normal so? Liege ich im Normbereich? Und so weiter und so fort. Besonders, wenn man diesen Prozess zum ersten Mal durchlebt, lässt man sich leicht verunsichern. Auch nach umfangreicher Lektüre unzähliger Bücher und Infomaterialien, gibt es dann doch diese eine Untersuchung, von der man noch nicht gehört hat und die doch „so wichtig“ oder sogar „Pflicht“ sei. Aha. Und wenn ich es anders mache? Wenn ich zu dieser einen Untersuchung nicht zum Frauenarzt gehe: Holt mich dann die Polizei mit Blaulicht ab oder wie?

Ausgeliefert sein vs. selbstbestimmt am Lebensende

Beim Sterben ist es ähnlich. Es wird geradezu erwartet, dass man bei einer schweren Krankheit kämpft und das volle Potenzial medizinischer Möglichkeiten ausschöpft. Aber viele hoffende und bangende Angehörige sehen nicht, dass ein Mensch diese Verantwortung ganz alleine trägt und selbst entscheidet, welchen Weg er oder sie geht. Eine Bekannte von mir ist ehrenamtlich in der Sterbebegleitung tätig und hat mir von einer Person erzählt, die keine weitere Chemotherapie mehr machen wollte, nicht mehr zum Arzt gegangen ist und sich mit der Entscheidung sehr wohl gefühlt hat. Das soll natürlich kein Aufruf sein, es genau so zu machen. Aber wenn man es in dem Bewusstsein tut, dass man z.B. dadurch mehr Lebensqualität gewinnt, auch wenn sich die Lebensdauer dadurch verringert, dann: Warum nicht? Man sollte sich nur bewusst sein, dass man dafür selbst die Verantwortung trägt.

Angst ist kein guter Begleiter

Wir können andere Menschen nicht retten oder vor Unheil bewahren, indem wir Ihnen unsere eigenen Werte von einem guten Leben oder Tod oder einer Geburt aufzwängen. Im Grunde muss jeder die Erfahrung selbst machen und diese Entscheidungen selbst treffen. Wenn man wie ich in der Schwangerschaft und Geburtshilfe einen anderen Weg als „den Üblichen“ einschlägt, muss man mit Gegenwind rechnen. Anderen Menschen stößt das bitter auf. Ich frage mich dann immer: Warum? Projizieren sie ihre eigenen Ängste auf mich? Oder ist es ein Gefühl von Neid oder Unzulänglichkeit, weil man selber nicht so viel darüber nachgedacht hat und lieber die Verantwortung an der Kreißsaaltür abgibt? Oder weil man selbst etwas bereut/versäumt hat? Ich weiß es nicht.

Ersetze Schuld durch Verantwortung

Das Thema Schuld ist auch ein riesen Ding: Da stehen Schuldvorwürfe im Raum, weil eine werdende Mutter aus Überzeugung eigene Entscheidungen (z.B. eine Hausgeburt) trifft. Auch wenn ein Mensch stirbt, ist die Schuldfrage ein großes Thema und das nicht nur bei gewaltvollen Todesursachen. Man fragt sich dann: „Hat der Arzt falsch gehandelt?“ „Habe ich etwas falsch gemacht?“ Die Grübelei dreht sich im Kreis. Aber hat sich mal jemand darüber Gedanken gemacht, dass Schuld auch nur ein Konstrukt ist? Jeder Mensch ist für sein eigenes Handeln verantwortlich. Also liegt auch die Geburt meines Kindes in meiner Verantwortung. Ich informiere mich über alle Möglichkeiten, überlege mir gut, welchen Ort, welche Menschen und welche Untersuchungen das Beste für mich und das Kind sind. Und am Ende werde ich sagen können: Ich bin dafür verantwortlich, weil ich mich bewusst dafür entschieden habe und zwar im besten Wissen und Gewissen, dass es gut sein wird. Dann gibt es auch keine Schuld. (Deshalb sollten alle Menschen mehr Verantwortung übernehmen, reflektiert ihr Leben gestalten und nach moralischen anstatt wirtschaftlichen Grundsätzen handeln, anstatt den vermeintlich einfacheren Weg zu wählen.) Deswegen verstehe ich nicht, wenn Menschen sagen: „Du bist verantwortungslos!“ und mit Schuldvorwürfen um sich werfen, wenn man doch gerade im Begriff ist, die Verantwortung zu tragen. Vielleicht weil sie sich selbst in dem Moment machtlos fühlen?

Entfremdung: Wie funktioniert das eigentlich mit dem Sterben?

Was mich außerdem bewegt, wenn es um Sterben und Geburt geht: Dass beides häufig in Institutionen wie Krankenhäuser und Pflegeheime ausgelagert wird. Die wenigsten Menschen sterben in ihren eigenen vier Wänden. Vor kurzem habe ich von einer Frau erfahren, der dies gegönnt war und mir kamen die Tränen. Vielleicht liegt das an meiner momentanen Überemotionalität, aber vielmehr auch daran, dass mich ihr Sterben wirklich sehr gerührt hat. Häuser mit mehreren Generationen unter einem Dach vereint sind sehr stelten geworden. Deshalb kommen viele junge Menschen gar nicht mehr direkt mit z.B. sterbenden Großeltern und einem natürlichen Tod in Berührung. Man kennt bloß den unnatürlichen Tod aus Krimis und Computerspielen. Aber das entspricht ja nicht der Realität.

Die natürliche Geburt

Babybauch mit Herz

Die Geburt steht mit noch bevor. Mein Babybauch. Foto by Jessica Marie Allers

Genau so wenig sieht man in der eigenen Familie oder bei älteren Schwestern oder der Mutter eine Geburt. Wie sollen wir dann wissen, wie das alles ganz natürlich abläuft, wenn wir es nie miterlebt haben? Da ist es doch viel einfacher, sich nicht damit beschäftigen zu müssen und die Verantwortung an Ärzte oder Pflegepersonal zu übergeben. Stattdessen haben wir aber genug Zeit, um durch Facebook zu scrollen, Youtube Videos zu schauen, Blogs zu lesen und Instagram Feeds zu stalken. Momentan langweilt mich Social Media größtenteils. Ich lese stattdessen viele Bücher zu Schwangerschaft, Geburt und der Zeit danach, bereite mich intensiv darauf vor. Manchmal denke ich, dass das übertrieben ist. Andererseits sehe ich es als Geschenk, dass ich momentan die Möglichkeit dazu habe, mich so viel damit auseinanderzusetzen. Es ist nun mal derzeit sehr wichtig für mich.

Ich merke, wie sich auch das Thema Tod wieder präsenter in meinem Denken einnistet und dass mir bewusst wird, welche Themen einfach relevant und existenziell im Lebens, anstatt konstruiert und virtuell sind. Das musste einfach einmal raus aus meinem Kopf. Vielen Dank fürs Lesen und ein gutes Leben. Wiebke

Allgemein, nachgedacht
Angst, Fräulein Schwarz, frei sein, Freiheit, Geburt, Gedanken, Leben, Schuld, sterben, Tod, Verantwortung
Endspurt: Ausbildung als Trauerbegleiterin
From the bottom of my heart

3 Kommentare

  1. Yukterez
    4. Februar 2020    

    >> Würdest du unsterblich sein wollen?

    Selbstverständlich, ein Menschenleben reicht nicht aus um alle Dinge die interessant sind zu erforschen. Und natürlich sollten auch alle an denen mir was liegt unsterblich sein, der einzige Grund warum man sterben wollen könnte wäre nur wenn der Körper nicht mehr funktioniert, aber das ist dann ewig schade um den Geist.

    Reply
    • Wiebke
      10. Februar 2020    

      Interessanter Kommentar. Ich habe mir das immer so gedacht, dass ich nicht unendlich leben möchte, d.h. einfach immer weiter leben und nicht sterben, da dieses Leben hier und jetzt und in meinem Körper sonst irgendwie an Wert verliert. Aber du schreibst, „ein Menschenleben“ würde nicht ausreichen für all die Dinge, die interessant und erforschenswert sind. Das ist spannend, weil ich mir vorstelle, dass mit dem Tod nicht alles aufhört, sondern es irgendwie weitergeht. Ob in einem neuen Leben, in einer anderen Dimension oder wie auch immer sei mal dahingestellt. Also, wenn man die Frage so auffasst, dann möchte ich auch unsterblich sein, weil ich den Gedanken irgendwie schlimm finde, dass irgendwann einfach das Licht aus ist und dann ist da nichts und man selber ist nichts und irgendwann ist man vergessen. Und so stelle ich es mir auch nicht vor. Aber hier als Wiebke mit diesem Körper, ich glaube, dass es irgendwann auch einfach gut ist.
      Danke für deine Sichtweise.

      Reply
  2. Yukterez
    15. Februar 2020    

    Leider können wir es mit dem Verstand nicht wirklich herausfinden ob man auch ohne Körper leben kann, und beim Gefühl kann man sich nie sicher sein ob einen nicht der eigene Wunsch trügt, aber so lange man es mit dem Verstand auch nicht vollkommen ausschließen kann besteht noch Hoffnung dass das Gefühl seine Berechtigung hat: https://www.youtube.com/watch?v=RjfsT0FVyPE

    Reply

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